Wenn Du Dich an deinen letzten Supermarkteinkauf erinnerst, wie hast du dich dabei gefühlt? Warst Du gehetzt und gestresst, wolltest schnell wieder raus? Hast du Dinge gekauft, die du eigentlich gar nicht kaufen wolltest?
Die Überforderung, die wir in einigen Supermärkten empfinden, hat hat ihrenUrsprung in einer Reizüberflutung. Tatsächlich fühle ich mich bei einigen Discountern weniger gestresst als in Supermärkten. Bei Discountern ist es so, dass häufig nur 1 oder 2 Artikel einer bestimmten Ware zur Verfügung stehen. Einige haben nur eine Sorte Weizenmehl. In Supermärkten stehen teilweise bis zu zehn verschiedene Sorten Weizenmehl im Regal. In allen Preisvarianten. Vereinfacht wird die Auswahl ein wenig, dass es extra Mehl für Pizza und für Spätzle gibt (außer man braucht Spätzlemehl, dann gibt es das nicht). Es bleiben aber meist 5-8 Sorten Weizenmehl mit Preisen zwischen 80 Cent und 3 Euro pro Kilogramm. Selbst in meinem nächst gelegenen Bio-Markt gibt es mindestens drei verschiedene Sorten von drei Herstellen.
Woher soll der Verbraucher, ohne probieren zu können, wissen, welches das beste Mehl für ihn ist? Irgendwann wirkt sich die Überforderung in Lethargie aus und man packt das Mehl ein, das preislich in der Mitte liegt oder das günstigste Bio-Produkt oder eben das Teuerste, in der Hoffnung, es sei das Beste. Aber ist es das wirklich oder ist das Produkt nur so teuer, weil es ein „Markenprodukt“ ist? Wenn ich einen Kuchen backe, in den weitere Zutaten wie Zucker oder Kakao kommen, schmecke ich dann noch einen Unterschied zwischen den verschiedenen Mehlen?
Theoretisch könnte ich alle 8 Mehle einpacken, einen Pizzaabend mit Freunden machen und wir testen uns gemeinsam durch. Den Test könnte man erweitern und ihn an anderer Stelle mit Pizzatomaten und Käse durchführen. Wir wissen jedoch alle, was bei vielen Blindverkostungen passiert. Relativ selten schmeckt den Testern das teuerste Produkt am besten. Leider gibt der Preis keinerlei Auskunft über Qualität und Geschmack. Der Konsument muss sich durch die Produkte testen. Beim Beispiel Käse wird das Vorhaben schnell unrealistisch.
Eine große Auswahl sorgt dafür, dass viele Menschen, die ein Lieblingsprodukt haben, dieses vorfinden. Eine große Auswahl bedeutet auch, dass wir schon bei alltäglichen Dingen Entscheidungen treffen müssen. Gibt es nur eine Sorte Käse im Supermarkt, würde sich lediglich die Frage stellen ob wir ihn kaufen oder nicht. Natürlich weiß auch ich es zu schätzen, wenn aufgrund der großen Auswahl sich auch mein präferiertes Produkt im Laden befindet. Manchmal mag ich eher Körnerbrot, mal Toast. Die große Auswahl ist häufig komfortabel und sinnvoll. Aber sie zwingt uns dazu, tagtäglich unter mehreren hundert Produkten zu wählen.
Neben dem überaus großen Bestandssortiment lassen sich die Hersteller und Supermarktbesitzer immer wieder neue Dinge einfallen, um Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen. Es landen natürlich auch neue Produkte einfach im Regal aber wesentlich lukrativer ist es, Lifestyle- und Trendprodukte auf Aufstellern mitten im Gang zu platzieren, sodass der Verbraucher mit seinem Einkaufswagen quasi reinfährt.
Meine letzte Elektroanschaffung war eine Heißluftfritteuse. Als ich meine erste vor 12 Jahren gekauft habe gab es nur die von Tefal. Möglicherweise hatte Philips bereits Heißluftfritteusen auf dem Markt. Jetzt, 12 Jahre später, als meine Erste den Geist aufgegeben hat, gab es eine Unmenge an Anbietern. Ich habe sie nicht gezählt aber 40 Geräte habe ich mir zu Beginn sicher angesehen. Ich musste diese riesige Auswahl anhand meiner Kriterien auf fünf Modelle runter brechen. Letzten Endes waren sie alle fast gleich teuer, hatten die gleichen Funktionen und alle (wie die anderen 35 auch) relativ gute Rezensionen. Ich habe dann die genommen, die als erstes im Angebot war. Aber es war keine bewusste Entscheidung. Ich kann nicht sagen, dass ich die Heißluftfritteuse gekauft habe, weil sie nach meiner Recherche die Beste war. Sie war eine der Besten, die zum Zeitpunkt X reduziert war. Es lebe der bewusste Konsum.
So ähnlich, wie es mir bei der Heißluftfritteuse erging, ergeht es uns bei vielen Artikeln. Betreiben wir die Recherche online, werden uns noch weitere unverzichtbare Artikel vorgestellt. Ich bin kein Feind von freier Marktwirtschaft und begrüße es auch, wenn innovative Produkte auf den Markt kommen. Im Fall der Heißluftfritteusen wurden diese in den letzten Jahren total gehyped, sodass alle Hersteller diverser Elektrogeräte ein Stück vom Kuchen abhaben wollten. Folglich gibt es jetzt eine unzählbare Menge an Heißluftfritteusen am Markt, die scheinbar alle ähnlich gute Ergebnisse erzielen.
Beim Minimalismus wird weniger und/oder bewusst konsumiert. Bei Smartphones finde ich das unproblematisch. Die Reparaturservices vor Ort nehmen nur Samsung und Apple an. Für alle anderen werden entweder keine Ersatzteile produziert oder sie kommen nur schwer über Chinashops ran, was entsprechend dauern würde, bis die Teile vor Ort sind. Da ich mein Handy, wenn ich beispielsweise wieder das Display geschrottet habe ungerne am Stück weg werfe, hatte ich hier lediglich zwei Hersteller zur Auswahl. Natürlich haben diese auch noch mehrere Modelle, die jedoch in ihren Funktionen relativ klar abgrenzbar sind (wenn man mal von ein paar kurz hintereinander erschienen Modellen ohne essentielle Innovationen absieht).
Abgesehen von Smartphones ist die scheinbar schier unendliche Auswahl an ähnlichen/gleichwertigen Produkten keine wirkliche Entscheidungshilfe. Natürlich hilft es, wenn man sich an Firmen hält, die tradiert sind und einen zufriedenen Kundenstamm haben. Das wird schwierig, wenn es sich um Produkte handelt, deren Markteinführung ursprünglich in China oder den USA war und es noch nicht genügend renommierte lokale Unternehmen gibt, die dieses Produkt führen. Selbst dann kann nicht ausgeschlossen werden, dass das chinesische Unternehmen nicht das bessere Produkt bereithält. Wir sind bei bestimmten Produkten gezwungen diese weltweit zu vergleichen.
Andere Produkte, nämlich Alltägliche wie Lebensmittel sollten nicht global verglichen und schon gar nicht bezogen werden. Wer schon einmal versucht hat, nur regionale Produkte zu kaufen, wird schnell merken, dass unser Obst und Gemüse überall herkommen, nur nicht aus Deutschland, Frankreich, Polen, Österreich oder Luxemburg. Unsere Äpfel kommen aus Spanien oder Neuseeland, die Tomaten aus Holland oder auch Spanien. Avocados kommen aus den USA oder Mexiko. Weizen, der hier angebaut wird, landet nur selten in unseren Supermärkten. Stattdessen importieren wir Weizen aus anderen Ländern. Bei einigen Obst- und Gemüsesorten ist klar, dass sie in Deutschland nicht angebaut werden. Die Mühe nach Bananen aus Deutschland zu suchen, kann man sich sparen.
Wenn selbst im Bio-Markt das Gemüse aus dem Ausland angekarrt wird, weil die Produktion dort inklusive der Fahrtkosten noch günstiger ist, dann hat der Verbraucher ein echtes Problem. Wir müssen also permanent in unserem alltäglichen Konsum weitreichende Entscheidungen treffen. Das bindet viele Ressourcen außer bei den Menschen, denen alles egal ist, die das erst Beste, was sie greifen, in ihren Wagen werfen.
Die schier unglaubliche Anzahl an Einzelentscheidungen zieht sich durch unseren gesamten Alltag. Wir haben auch in unserer Freizeitgestaltung ebenfalls eine Vielzahl an Möglichkeiten. Unsere Freizeit sowie unsere finanziellen Mittel dafür sind begrenzt. Ich kann beispielsweise fußläufig acht Fitnessstudios erreichen, davon sind zwei sehr teuer, zwei sehr günstig und vier kosten exakt gleich viel.
Sechs dieser Fitnessstudios gehören zu großen Ketten, die zwei ganz günstigen haben rund um die Uhr geöffnet. Die beiden zu mir am nächsten gelegenen Fitnessstudios sind inhaberbetrieben und haben nur bis abends 21 oder 22 Uhr auf und liegen preislich in der Mitte.
Ich bin jetzt in dem Fitnessstudio Mitglied, das laut Google Maps 150 Meter näher zu mir liegt. Es hat die gleichen Geräte wie die anderen Fitnessstudios, jedoch weniger von jeder Art Gerät. Dafür gibt es dort mehr Kurse. Kein Mensch weiß vorher, ob er eher an Geräten trainiert oder in Kurse geht. Man kann es vermuten aber es zeigt sich erst mit der Zeit.
All diese Beispiele zeigen, dass wir tagtäglich mit einer Fülle an Entscheidungen konfrontiert werden. Entscheidungen, die wir anhand objektiver Kriterien überhaupt nicht mehr treffen können. Wir treffen diese Entscheidungen dennoch und es bleibt immer ein Rest Unsicherheit zurück. Wir werden tagtäglich mit Reizen überflutet und müssen Wege finden, diese Reize zu selektieren. Auch wenn das den meisten Menschen gelingt, ist dies doch eine sehr anstrengende Aufgabe und führt in einigen Fällen zur Überforderung.
Bild von 5688709 auf Pixabay Wenn ich durch die Stadt gehe, sehe ich in der…
Bild von Engin Akyurt auf Pixabay Bei dem Wort Veganuary handelt es sich um ein…
Bild von 19661338 auf Pixabay Unsere Kleidung ist bunt, jederzeit verfügbar und günstig. Den Preis…
Bild von Leopictures auf Pixabay Der Winter ist in vielen Belangen eine Herausforderung. Erkältungsviren machen…
Bild von Pexels auf Pixabay Du denkst, Du bist immun gegen Werbung und Marketing-Tricks? Bist…
Bild von Wolfgang Stemme auf Pixabay Wir leben in einer Welt aus Plastik. Es ist…