
Minimalismus, Frugalismus und Veganismus gehen oft Hand in Hand miteinander. Doch warum sind viele Minimalisten Veganer oder Frugalisten auch Minimalisten?
Warum werden Menschen Minimalisten?
Minimalismus ist eine Lebensform, die den übermäßigen Konsum aber auch das Besitzen zu vieler Dinge ablehnt. Es gibt keine Definition, die vorschreibt, wie viele Dinge ein Minimalist besitzen sollte oder was er auf keinen Fall besitzen darf. Aus diesem Grund kann sich jeder, der es möchte, Minimalist nennen.
Dies tun jedoch in der Regel nur Menschen, die sich intensiv mit ihrem eigenen Konsumverhalten auseinandergesetzt haben und bewusst eine Änderung herbei geführt haben. Natürlich gibt es auch Menschen, die sich noch nie für Konsum interessiert haben und immer wenig Dinge besessen haben.
In der Regel wenden sich Menschen dem Minimalismus zu, wenn sie bemerken, dass sie zu viele Dinge besitzen und sich von diesen erschlagen fühlen. Auch Nicht-Minimalisten merken, dass sie viele Dinge besitzen, sehen diesen Besitz jedoch nicht als Bürde an.
Leben Minimalisten automatisch nachhaltig?
Neben vielen guten Gründen, die für den Minimalismus sprechen, ist Nachhaltigkeit ein sehr bedeutender Grund, auf übermäßigen Konsum zu verzichten. Natürlich gibt es Menschen, die aus ganz anderen Gründen den Minimalismus als ihren Lebensstil wählen (lies hier weiter). Bei den unterschiedlichen Minimalismus-Typen spielt Nachhaltigkeit eine mehr oder weniger wichtige Rolle.
Wenn Du dich im Zuge des Minimalismus mit Nachhaltigkeit beschäftigst, dann wirst Du, je nachdem wie intensiv Du das tust, früher oder später feststellen, dass der Konsum von Fleisch alles andere als nachhaltig ist.
Prinzipiell ist Nachhaltigkeit kein Merkmal des Minimalismus. Allerdings lebst Du automatisch nachhaltig, wenn Du weniger konsumierst. Die Produkte die du kaufst, müssen dabei zunächst einmal nicht nachhaltig produziert sein. Die Tatsache, dass der Nicht-Konsum Ressourcen schont, ist ausreichend, um den Nachhaltigkeitsaspekt zu begründen.
Veganismus
In den letzten Jahren entschieden sich immer mehr Menschen dazu kein Fleisch mehr zu essen oder vegan zu leben. Zwischen 2016 und 2020 haben sich insgesamt 1,3 Millionen entschieden, vegetarisch zu leben und 300.000 Menschen dazu, zu sein (Quelle).
Die Zahlen sind nach wie vor steigend und es kommen gefühlt täglich neue Ersatzprodukte auf den Markt. Dieses Gefühl bedeutet in Zahlen: im Jahr 2021 wurden 97. 900 Tonnen Ersatzprodukte hergestellt. Das sind 17 Prozent mehr als im Vorjahr (83. 700 Tonnen) und 62,2 Prozent mehr als im Jahr 2019 (60. 400 Tonnen). Der Wert dieser Produkte stieg im Jahr 2021 sogar um 22,2 Pozent im Vergleich zum Vorjahr (374,9 Millionen Euro) und betrug 458,2 Millionen Euro. Verglichen mit dem Jahr 2018 liegt der Zuwachs bei 68 Prozent (272,8 Millionen Euro). Vergleichsweise gering ist die Anzahl der Unternehmen, die Fleischersatzprodukte produzieren. Im Jahr 2019 gab es 34 produzierende Unternehmen. Bis zum Jahr 2021 kamen zehn weitere Unternehmen hinzu, die Fleischersatzprodukte herstellen (Quelle).
Nicht alle Menschen, die zu Fleischersatz greifen, sind Vegetarier oder Veganer, der Anteil der Flexitarier ist ein weiterer Grund für den gestiegenen Konsum von Fleischersatzprodukten. Selbst dann, wenn sich Menschen wie ich zum Beispiel nicht dazu entscheiden, Lebensmittel vollständig von ihrem Speiseplan zu streichen, so wählen sie aus unterschiedlichen Gründen Alternativen zu Fleisch.
Minimalismus und Frugalismus
Frugalisten versuchen in den ersten Jahren ihrer Berufstätigkeit so viel zu sparen, dass sie sich die letzten Jahre oder Jahrzente abhängiger oder auch selbstständiger Arbeit ersparen können. Das Ziel ist die finanzielle Freiheit. Hinter der finanziellen Freiheit steht jedoch auch die persönliche Freiheit. Wenn ich morgens nicht um fünf aufstehen muss, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, dann bin ich freier, als wenn ich das tun muss. Aus einem Arbeitsvertrag erwachsen den Beschäftigten viele Pflichten, die wir Gott sei Dank im Alltag meist nicht bewusst wahrnehmen. Eine Verpflichtung ist beispielsweise das regelmäßige Erscheinen beim Arbeitgeber.
Auch diejenigen, die Remote arbeiten, müssen in der Regel abliefern. Möglicherweise sind sie etwas freier in der Zeiteinteilung und eventuell auch in der Wahl der Kleidung. Dennoch müssen Aufträge abgearbeitet und Meetings wahrgenommen werden. Der frugalistische Rentner ist diesbezüglich freier. Natürlich erwachsen ihm aus dem alltäglichen Leben Pflichten, jedoch nicht mehr in demselben Umfang wie bei der Erwerbstätigkeit.
Um das Ziel der finanziellen Freiheit erreichen zu können, muss der Frugalist möglichst viel Geld sparen. Dies tut er, indem er von seinen Einnahmen (Gehalt, Lohn, Honorar…) möglichst wenig ausgibt und möglichst viel gewinnbringend anlegt. Aus diesem Grund entfallen ausgiebige Sammelleidenschaften oder impulsives Shopping.
Beim Minimalismus wird versucht, möglichst wenig zu besitzen. Das können jedoch besonders hochwertige Dinge sein, sodass nicht zwangsläufig ein Spareffekt einsetzt. Ähnlich verhält es sich beim Frugalisten. Prinzipiell sagt dieser Lifestyle nichts darüber aus, wie viel ein Frugalist besitzt.
Frugalisten können theoretisch eine voll gestopfte Wohnung besitzen, weil sie beispielsweise Sperrmüll sammeln, auf Flohmärkte gehen, Verschenk-Börsen nutzen oder über eBay-Kleinanzeigen viele Dinge günstig oder kostenlos erhalten. Allerdings liegt es im Bestreben der Frugalisten möglichst wenig Miete für Wohnraum zu zahlen. Denjenigen, die kein Eigenheim besitzen, steht folglich ein meist sehr eingeschränktes Angebot an Platz zur Verfügung.
Aus diesem Grund sind viele Frugalisten auch Minimalisten. Minimalisten werden dann Frugalisten, wenn sie ihre bisherige bezahlte Anstellung erhalten und als Nebeneffekt des Minimalismus weniger Geld ausgeben, als sie erwirtschaften. Früher oder später wird dem sparsamen Minimalisten klar, dass er auf seinem Sparbuch keine oder nur sehr geringe Zinsen erhält.
Minimalisten haben mehrere Möglichkeiten mit einem Zuviel an Geld umzugehen. Sie können das gesparte Geld nutzen, um zu reisen, sich einen eigenen Camper kaufen oder sie legen das Geld an. Das kann beispielsweise durch den Kauf von Aktien, ETFs oder Immobilien erfolgen.
Können sich Minimalismus, Frugalismus und Nachhaltigkeit im Weg stehen?
Definitiv gibt es bei allen Gemeinsamkeiten auch die Möglichkeit, dass Frugalismus und Minimalismus sich gegenseitig ausschließen. Mal angenommen, Du möchtest als Frugalist möglichst viel sparen und bereitest aus diesem Grund deine Mahlzeiten ausschließlich oder fast vollständig zuhause zu. Du besuchst zwar keine Pizzeria, besitzt aber einen Pizzastein, um zuhause die besten Ergebnisse im haushaltsüblichen Backofen zu erzielen. Du besitzt vielleicht noch einen Hochleistungsmixer und einen Entsafter, weil dir die fertigen Smoothies und die Säfte zu teuer und minderwertig sind.
Vielleicht gehst Du noch weiter und hast sogar eine Getreidemühle und eine Haferquetsche zuhause. Die Liste lässt sich endlos weiterführen. Vielleicht nähst Du wie ich Deine Kleidung zu weiten Teilen selbst und hast daher eine Million Zubehörteile zuhause. Vielleicht hast Du aber auch ein anderes Hobby, bei dem sich das Zubehör wie durch Zauberhand vermehrt.
Also mir persönlich ist schon klar, wie das „passiert“, dass ich plötzlich zwei Container voller Zubehör habe. Ich benötige etwas für ein Projekt und dann ist das Zeug da und ich brauche es definitiv immer mal wieder aber halt nicht ständig. Minimalisten, die ihren Auftrag mit möglichst wenigen Dingen zu leben sehr ernst nehmen, würden sich ein solches Hobby niemals antun.
Stellst Du jedoch den Nachhaltigkeitsaspekt in den Vordergrund, so es ist sehr viel nachhaltiger Deine Kleidung selbst zu nähen, als diese am anderen Ende der Welt produzieren zu lassen. Von Kindern zu einem Hungerlohn. Allerdings wird jemand, der sich dieses Hobby nicht zu eigen macht und trotzdem nachhaltig leben möchte, fertige, fair produzierte Kleidung kaufen.
Wenn Du bereits einmal nachhaltig produzierte Kleidung gekauft hast, weißt Du, wie viel diese kostet. Die Gründe dafür sind nachvollziebar. Fairtrade Fashion wird von Beginn an fair produziert. Dazu gehört bereits die Aufzucht der Baumwollpflanzen unter dem Einsatz von möglichst wenig oder überhaupt keinen Pestiziden. Die Bauern aber auch das weiterverarbeitende Gewerbe werden in einem ausreichenden Maße bezahlt. Das alles macht sich am Endpreis bemerkbar.
Frugalisten, die nicht die Fast-Fashion-Industrie unterstützen möchten, nicht nähen können oder wollen und die hohen Preise von Fair-Fashion nicht zahlen können oder wollen setzten auf Second-Hand-Kleidung.
Fazit:
Wie Du siehst, gibt es zwischen Minimalismus, Veganismus und Frugalismus viele Gemeinsamkeiten, die dazu führen können, dass Minimalisten auch vegan und frugalistisch leben. Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es Differenzen. Diese Differenzen sind jedoch nicht unüberwindbar.
Du musst allerdings als Minimalist nicht zwangsläufig frugalistisch, vegan und nachhaltig leben. Prinzipiell könntest Du als Minimalist Deine Küche ganz abschaffen und nur Essen to-go zu dir nehmen oder das Essen liefern lassen. Das ist zwar zunächst einmal wenig nachhaltig und häufig auch nicht gesund, weil in der Gastronomie Fett als Geschmacksverstärker genutzt wird.
Allerdings gibt es mittlerweile Lieferservices, die wieder verwendbare Verpackungen nutzen, mit hochwertigen Produkten arbeiten und mit dem Fahrrad ausliefern. Daher ist diese These ebenfalls nur bedingt haltbar.
Am Ende des Tages muss jeder die Kompromisse eingehen, die er bereit ist zu leben. Niemand geht in Deinen Schuhen und wird es auch nie tun. Von ein paar Ausnahmen abgesehen sind wir nicht perfekt in dem, was wir tun. Menschen sind schwach und das ist in Ordnung so. Wir tun Dinge, die uns, unseren Mitmenschen oder unserer Umwelt nicht guttun.
Wir tun das, weil wir schwach sind, bequem oder zum aktuellen Zeitpunkt keine Alternativen sehen. Du musst nicht von heute auf Morgen ein ökologisch korrektes Leben führen oder dem Konsum vollkommen abschören.
Allerdings befinden wir uns an einem Punkt, an dem wir einen Schritt zurück gehen sollten. Oder mehrere. Aber die Last dieser Erde liegt weder auf Deinen noch auf meinen Schultern. Es ist vollkommen ausreichend, wenn alle Menschen in den Industrienationen kurz in sich gehen würden, um zu überlegen, was sie ohne große Schmerzen und Qualen ändern können.
Quellen:
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/05/PD22_N025_42.html
https://de.statista.com/infografik/24000/anzahl-der-vegetarier-und-veganer-in-deutschland/