In Deutschland sind die Kleiderschränke mehr als nur gut gefüllt. Mit durchschnittlich rund 100 Teilen Kleidung besitzen Deutsche weit mehr als sie benötigen. Während noch vor 30-40 Jahren kaputte Kleidungsstücke ausgebessert wurden, es Bekleidung mittlerweile zur Wegwerfware geworden.
In Deutschland besitzen wir durchschnittlich 95 Kleidungsstücke. Bei Frauen sind es sogar etwa 118 Kleidungstücke. Davon wird etwa jedes fünfte Kleidungsstück überhaupt nicht getragen. Du kennst sicher auch die Schrankleichen in Deinem Kleiderschrank, Stücke, die Du im Geschäft unbedingt haben wolltest, die aber im Alltag keinen Bestand haben oder schlecht mit anderen Kleidungsstücken kombinierbar sind.
Zu den Kleidungsstücken, die nie getragen werden, kommen etwa genauso viele Bekleidungsstücke, die seltener als alle drei Monate getragen werden. Insgesamt sind das knapp 40 Prozent oder 2 Milliarden Kleidungsstücke, die unter menschenunwürdigen Bedingungen in Drittländern zu Billigstlöhnen produziert wurden, damit sie in Deinem Schrank hängen.
Bekleidung ist zum einen Ausdruck von Individualität, sie kann unsere Gruppenzugehörigkeit und unsere Stimmungslage widerspiegeln. Zugleich ist Kleidung ein Massenprodukt, das für uns keinen Wert mehr darstellt. Wir können Bekleidung rund um die Uhr und an jeder Straßenecke erwerben. Du musst nicht mehr sparen, um Dir eine Hose leisten zu können. Wenn Du etwas älter bist, wirst Du Dich erinnern, dass wir früher auf Levis Jeans gespart haben oder auf Turnschuhe. Also quasi Sneaker, nur dass diese früher Turnschuhe hießen. Entsprechend lange hast Du diese Kleidung getragen und sie auch gepflegt.
Minimalismus im Kleiderschrank bedeutet nicht nur, dass Du überflüssige Kleidungsstücke aussortierst und Deinen Kleiderschrank auf die Teile reduzierst, die Du wirklich trägst. Vielmehr muss sich auch Deinen Einstellung zur Kleidung ändern. Hast Du schon einmal Kleidung selbst genäht? Falls ja, weißt Du, wie viel Arbeit das Anfertigen von Bekleidungsstücken macht. Angefangen von der Auswahl des richtigen Schnittmusters bis hin zum eigentlichen Nähen, das nur einen Bruchteil der Arbeit ausmacht. Die Näherinnen, die unsere Kleidung nähen erhalten nur wenige Cent pro Stück, das sie nähen. Viele von ihnen sind nicht einmal volljährig und können von dem Geld, das sie erhalten, nicht leben.
Etwa 73 Prozent der Deutschen gaben bei der Befragung durch Greepeace an, selbst noch nie Kleidung hergestellt zu haben. Nur etwa jede achte Person über 50 Jahren hat in der Vergangenheit Kleidung getauscht. Bei den 18-25 jährigen waren es immerhin etwa 25 Prozent. Das lässt für die Zukunft hoffen, dass ein verantwortungsvollerer Umgang mit den Ressourcen stattfindet.
Bei der Herstellung von Kleidung werden nicht nur Rohstoffe und viel Wasser benötigt, die Bekleidungsindustrie setzt bis zu 3500 toxische, krebserregende oder hormonell wirksame Stoffe ein. Das tut sie insbesondere bei der Färbung der Kleidung. Die Chemikalien befinden sich mittlerweile nicht mehr nur in der unmittelbaren Umgebung der Färbefabriken, sondern sie sind in den Gewässern und Böden rund um den Globus verteilt.
Beim Minimalismus im Kleiderschrank geht es folglich um mehr, als darum, Deinen Kleiderschrank zu minimieren. Wenn Du Dir bewusst bist, welche globalen Schäden Deine Kleidung anrichtet, dann solltest Du nicht nur aussortieren, damit Du eine übersichtliche Menge an Kleidung besitzt, sondern auch so wenig wie möglich nachkaufen.
Wenn Du vor dem Problem stehst, dass Du einen Kleiderschrank voller hochwertiger Kleidung besitzt, die Du liebst und die Dir passt, dann kann das Auftragen dieser Bekleidungsstücke ebenfalls eine Option sein. Das ist jedoch nur relativ selten der Fall. Rational eingestellte Menschen behalten ihre Bekleidung, weil sie Geld und Ressourcen gekostet hat, selbst dann, wenn sie sie gar nicht tragen. Kennst Du den Stapel „Gartenarbeit“, „Gassigänge“ und „Renovierarbeiten“?
Wie groß sind Deine Stapel zum „Auftragen“? Wie oft in Deinem Leben wirst du realistisch betrachtet renovieren? Und wie viel Kleidung brauchst du für Gassigänge und Gartenarbeiten? Ich gehe beispielsweise vor und nach der Arbeit Gassi und ziehe mich nicht um. Das hat zwar zur Folge, dass ich meine Alltagskleidung öfter waschen muss, weil die Hosen mit Matsch verschmiert sind aber ich ziehe mich faktisch nicht nach der Arbeit um.
Ich bin kein Fan davon universelle Tipps zu erarbeiten, die sich dann im Einzelfall nicht bewähren. Wie viel Kleidung du benötigst hängt nicht davon ab, was in irgendeinem Ratgeber steht. Es spielen viele Faktoren mit ein. Dazu gehört die Häufigkeit des Waschens von Wäsche. Wenn Du in einem 6-Personen-Haushalt lebst und täglich eine Waschmaschine voll bekommst benötigst Du weniger Kleidung als ein Single, der nur alle 14 Tage wäscht. Zudem spielen andere Faktoren, wie Dein Beruf mit ein. Trägst Du Kleidung, die durch den Arbeitgeber gestellt wird? Musst Du einen Dresscode einhalten, für den Du spezielle Kleidung wie Kostüme benötigst?
Für den Fall, dass Dein Arbeitgeber einen Dresscode vorgibt, trägst Du vermutlich in Deiner Freizeit andere Kleidung als auf der Arbeit. Du benötigst wahrscheinlich mehr Teile als beim 333-Projekt. Hier kommst Du für 3 Monate mit lediglich 33 Teilen aus. Zu diesen 33 Teilen gehören Schuhe, Taschen, Kleidung. Unterwäsche und Sportkleidung gehören nicht dazu. Du packst beim 333 Projekt alle anderen Kleidungsstücke weg. Bevor Du beginnst, solltest Du Dir genau überlegen, was Du benötigst, und welche Outfits du kreieren möchtest. Achte dabei auf Kombinierbarkeit der Kleidung.
Bevor Du beginnst, deinen Kleiderschrank zu minimieren, solltest Du den Ist-Zustand ermitteln. Das tust du am besten, indem du alle Deine Kleiderschränke und Kommoden ausräumst. Falls Du noch an anderen Orten Kleidung besitzt, die gehört auch dazu. Sortiere sie auf Stapeln nach Pullovern, Westen, langen Hosen, kurzen Hosen, T-Shirts, Röcken, Kleider…
Wenn Du schon mal Deine Kleidung vor Dir liegen hast, dann nimm direkt die Kleidung heraus die verschlissen, defekt oder fleckig ist. Du kannst kaputte Kleidung selbst ausbessern oder beim Schneider ausbessern lasen. Fleckige Kleidung kannst du für Upcycling-Projekte verwenden oder sie wird zu Putzlappen.
Jetzt widmest Du Dich der Kleidung, die du ganz sicher nie trägst. Wie hoch schätzt Du die Wahrscheinlichkeit ein, dass Du sie künftig tragen wirst? Vermutlich gering, wenn die Kleidungsstücke in Deinen Alltag und zu Deinem Leben passen würden, hättest Du sie längst getragen. Da diese Bekleidung nicht getragen wurde, ist sie in einem neuwertigen Zustand. Du kannst sie verkaufen oder spenden.
Jetzt suchst Du noch die Kleidung heraus, die Du selten oder sehr selten trägst und entscheidest, ob diese Kleidung noch eine Chance bekommen soll oder nicht. Falls nicht, kannst Du sie ebenfalls verschenken, verkaufen, tauschen oder spenden.
Bei dieser Variante legst Du fest, mit welchen Kleidungsstücken Du zukünftig Deine Outfits gestalten möchtest. Dabei achtest Du auf gute Kombinierbarkeit. Besonders geeignet sind hierfür einfarbige Basics. Lege Dich auf 1-2 Grundfarben fest, die Du mit 1-2 weiteren Farben kombinierst. Die Festlegung auf wenige Farben sorgt dafür, dass Du die Kleidungsstücke später besonders gut kombinieren kannst.
Die Kleidungsstücke, die es nicht in Deine Garderobe geschafft hat, kannst Du verschenken, spenden oder verkaufen. Wenn Du Dir plötzlich doch nicht mehr sicher bist, kannst Du die aussortierte Kleidung zunächst auf den Dachboden oder in den Keller bringen. Nach 3-6 Monaten kannst du die Kleidung hergeben oder Du ergänzt Deine Garderobe durch fehlende Teile.
Wenn Du Dir nicht sicher bist, welche Kleidung, Du sicher getragen hast, hänge sie in den Kleiderschrank. Das tust du nicht wie gewöhnlich, sondern du drehst den Haken vom Bügel um, sodass die Öffnung nach vorne zeigt. Immer dann, wenn Du ein Kleidungsstück getragen hast, dann drehst Du den Bügel wieder rum.
Das machst Du für etwa drei Monate. Auf diese Art und Weise kannst Du feststellen, welche Kleidung Du getragen hast und welche nicht. Versuche ehrlich zu sein, trage nicht Kleidung, damit Du sie behalten kannst. Zieh Dich intuitiv an in dieser Zeit. Du kannst wie bei der ersten Variante die nicht genutzte Kleidung auch erst einmal weg stellen.
Wenn Du Deine Kleidung behalten möchtest, weil sie noch „gut“ ist, sie teuer war oder Du sie selbst genäht hast, dann bietet sich die Wegstell-Methode ebenfalls an. Diese Methode ist der Kern des 333-Projekts und hat bei Erwachsenen denselben Effekt wie bei Kindern, wenn Du ihnen für ein paar Monate das Spielzeug entfernst. Wenn Kinder mit ihrem Spielzeug nicht mehr spielen, sie es nicht mehr beachten, dann kannst Du es in einer Kiste weg packen. Wenn Du es ihnen ein paar Monate später wieder gibst, werden sie sehr wahrscheinlich damit spielen, weil es quasi wieder neu ist.
Ähnlich verhält es sich bei der Kleidung und erwachsenen Menschen. Wenn Du einen Teil Deiner Kleidung aus Deinem Kleiderschrank entfernst und in der Saison nur einen kleine Auswahl benutzt, dann wirst Du vermutlich in der nächsten Saison andere Kleidungsstücke aus Deinem Bestand auswählen.
Wenn Du deinen Kleiderschrank reduzieren möchtest, dann stehen Dir dafür unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Überlege, welche die für Dich Passende ist und wie viel Kleidung Du bis zum nächsten Waschtag benötigst. Passe Deinen Kleiderschrank an Deinen Alltag und Deine Bedürfnisse an. Die Minimalisierung des Kleiderschrankes ist nichts, was Du an einem Tag erledigen musst. Vielmehr ist es ein Prozess, in dem Du lernst, was Du benötigst und was in Deinem Kleiderschrank überflüssig ist. Probiere einfach solange aus, bis es für Dich passend ist. Es ist nicht hilfreich, wenn Du jetzt Deinen Kleiderschrank auf 33 Teile oder eine andere Menge reduzierst und Dir hinterher Teile fehlen, die Du wieder kaufen musst.
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