Wir konsumieren seitdem wir denken können. Früher haben unsere Eltern die Kaufentscheidungen für uns getroffen. Später, als wir älter wurden, haben wir in der Regel ein Taschengeld erhalten, von dem wir uns Dinge gegönnt haben. Irgendwann sind wir in eine eigene Wohnung gezogen. Diese musste zunächst eingerichtet werden. Später müssen wir diese instandhalten. Hierzu müssen wir immer wieder Dinge kaufen. Der Konsum einiger Dinge ist unabdingbar. Wir können eine defekte Glühbirne zunächst einmal nicht ersetzen, weil wir genügend Lichtquellen besitzen, die unsere Wohnung beleuchten. Irgendwann müssen wir zumindest einen Teil ersetzen.
In der Küche gehen zudem einige Teile, insbesondere Glas und Keramik kaputt. Nicht zuletzt entdecken wir neue Küchenhelfer, die uns versprechen, das Leben zu erleichtern. Unser Haushalt wächst ständig. Von diversen Dekoartikeln, Hygieneartikeln und Kleidung, die ständig in unseren Haushalt kommt, mal ganz abgesehen.
Wir müssen also wissen, warum wir konsumieren: handelt es sich um zwingend notwendige Produkte oder um Produkte, die wir gerne hätten, weil sie versprechen unser Leben zu erleichtern oder dies tatsächlich tun? Warum möchten wir genau dieses Produkt? Wurde Dir in letzter Zeit häufig Werbung zu diesem Produkt angezeigt?
Vom emotionalen Konsumenten zum rationalen Verbraucher
Da wir es realistisch betrachtet nicht schaffen werden nicht zu konsumieren, stellt sich die Frage, wie wir weniger und nachhaltiger konsumieren können. Zunächst ist es hilfreich, den Ist-Zustand zu erheben. Was besitzen wir, was macht uns glücklich und was brauchen wir tatsächlich. Diese Bestandsaufnahme kann uns bei künftigen Kaufentscheidungen helfen, insbesondere dann, wenn wir ähnliche Artikel bereits besitzen.
Wenn Du beispielsweise beruflich einen bestimmten Dresscode einhalten musst, ist es unabdingbar, dass du beispielsweise mehrere Kostüme oder Anzüge besitzt. Wie viele das sein müssen, kannst leider nur Du selbst wissen. Niemand außer Dir weiß, ob du diese Kleidungsstücke in der Waschmaschine waschen kannst oder ob du sie zur Reinigung bringen musst.
Niemand kann beurteilen, wie Deine Waschintervalle sind. Wenn Du beispielsweise nur alle 14 Tage eine große Waschmaschine mit Buntwäsche wäschst, dann ist es sinnvoll für diesen Zeitraum alle Kleidungsstücke, die Du täglich wechselst in ausreichender Stückzahl zu besitzen. Das wären in diesem Fall 14-16 T-Shirts, Unterhosen, Strümpfe und Unterhemden. Die meisten Menschen besitzen eine weitaus höhere Anzahl an Kleidungsstücken.
Wenn das auch auf Dich zutrifft und dir Deine Kleidung passt und sie zu deinem Look passt, dann ist es naheliegend, die vorhandene Kleidung zunächst aufzubrauchen. Aus verschlissenen T-Shirts lassen sich einfach Putzlappen machen. Insbesondere Jerseystoffe kannst du auf die passende Größe zuschneiden und sie zum Putzen benutzen, ohne dass diese ausfransen. Bei Baumwollstoffen empfiehlt es sich, diese mit der Nähmaschine zu versäubern.
Eine weitere große Branche, die viel Werbung macht ist die Fitness- und Lifestylebranche. Hier werden den Konsumenten in der Regel bahnbrechende Trendwenden nach dem Kauf des Produkts versprochen. Natürlich haben viele dieser Produkte ihre Berechtigung am Markt zu sein und ich möchte deren Erwerb natürlich auch nicht verteufeln aber ein Jeder sollte sich vor dem Kauf die Frage stellen, ob es nicht vergleichbare Produkte gibt, die wesentlich günstiger sind, die man bereits besitzt oder die es in jedem Supermarkt gibt.
Das beste Beispiel hierfür sind Superfoods. So werden beispielsweise Chiasamen als Superfood angepriesen und zu relativ hohen Preisen verkauft. Leinsamen, die ähnliche Nährstoffe haben, kosten wesentlich weniger und werden zudem noch regional angebaut.
Ähnliches gilt für Kosmetikprodukte. Deine Haut braucht in erster Linie Feuchtigkeit und Fette. Inhaltsstoffe wie Hyaluron sorgen tatsächlich durch die Einschleusung von Feuchtigkeit dafür, dass die Haut straffer und voller wirkt.
Die Frage die sich stellt ist, ob man dafür sehr viel Geld ausgeben muss oder ob einfache Produkte oder ein selbst Gemachtes nicht ausreichend sind. Wenn diese Argumente für eine Kauf- oder Nicht-Kaufentscheidung nicht ausreichend sind, dann berechne vor dem Kauf, wie lange du für dieses Produkt arbeiten musstest.
In den letzten Jahrzehnten haben wir unsere Ansprüche ständig gesteigert. Wir sind im Jahr 1990 noch alle ohne Handys ausgekommen, zehn Jahre später hatten die meisten Menschen bereits ein Handy. Mit den Handys der ersten Generationen konnte man lediglich telefonieren und angerufen werden, ein paar Kontakte speichern und später Kurznachrichten versenden, was sehr mühsam war, weil diese Handys noch Tasten besaßen. Wenn Du damals noch nicht auf der Welt warst: die Tasten mussten ein bis dreimal gedrückt werden, je nachdem, welcher Buchstabe gewählt wurde.
Heute kann sich kaum jemand vorstellen ohne Smartphone zu leben. In den letzten 30 Jahren sind aus den riesengroßen Totschlägern elegante trendige Smartphones entwickelt worden, die die Voraussetzungen erfüllen ein kleiner Rechner zu sein. Wir verwalten heute nicht nur einen Großteil unserer Kontakte auf diesen Geräten, auch unsere Konten, den E-Mail-Verkehr, Musik und sogar Bücher werden über die Smartphones verwaltet.
Etwa zeitgleich wurden unsere Fernsehgeräte weiterentwickelt. Bis 1990 hatten die meisten Menschen einen Röhrenfernseher, der natürlich nicht ins Internet konnte. Zu dieser Zeit wurde in einigen Bereichen erst das Kabelfernsehen ausgebaut. Heute besitzen bereits sehr viele Haushalte einen Smart-TV.
Diese sprunghafte Weiterentwicklung der Technik passierte in fast allen Bereichen und das so schnell, dass insbesondere ältere Menschen diesem Fortschritt nicht mehr standhalten können. Vor etwas mehr als 30 Jahren sind wir von Kassetten auf CD’s umgestiegen, später von Videos auf DVD’s. Nach dem Umstieg auf Blue ray kamen die digitalen Medien, wir downloaden heute Musik und Filme.
Der technische Fortschritt hat auch dafür gesorgt, dass Waren für uns rund um die Uhr verfügbar sind. Die Lieferungen erfolgen teilweise innerhalb weniger Stunden. Wir können Waren auf der ganzen Welt einkaufen. Lediglich der Zoll könnte uns noch einen Strich durch die Rechnung machen. Im Gegensatz zu unserer Kindheit müssen wir nicht mehr auf irgendwelche Dinge warten. Wir müssen keine Wunschlisten zum Geburtstag oder zu Weihnachten schreiben und die Anzahl der verfügbaren Waren hat sich vervielfacht. Wir konsumieren immer mehr und mehr, als würde der Sinn unseres Lebens darin bestehen Dinge zu kaufen und zu besitzen.
Wir sehen unseren Konsum als „Lohn“ für unsere Erwerbsarbeit an. Wir waren fleißig, also haben wir es uns verdient, etwas zu „gönnen“. Mit „gönnen“ meinen wir meistens kaufen. Fast schon unabhängig davon, was wir kaufen, werden für unseren Konsum Rohstoffe verbraucht. Und Arbeitskraft bei der Herstellung.
Die meisten der Dinge, die wir kaufen werden in Taiwan, China oder Bangladesh hergestellt. Die Gründe dafür sind relativ simpel: dort sind momentan die Löhne noch am niedrigsten. Selbst dann wenn das Produkt nach der Herstellung um die ganze Welt gekarrt werden muss, ist es billiger, als würde es in Deutschland hergestellt werden. Manche Ressourcen wie Metalle oder seltene Erden schaden den Menschen schon, wenn sie abgebaut werden.
Aber auch die Herstellung unserer günstigen Cashew-Kerne sorgt für gesundheitliche Beeinträchtigungen bei den Arbeiterinnen. Es gibt sicherlich auch Arbeiter in den Cashew-Fabriken, meist sind es jedoch Frauen, die mit bloßen Händen die giftigen Schalen entfernen und dabei Verätzungen an Händen und Reizungen der Atemwege riskieren.
Während wir also shoppen wollen, als gäbe es kein Morgen mehr und es quasi als unser Grundrecht ansehen, Waren günstig zu erhalten, müssen andere Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen diese Produkte herstellen.
Die Menschen tun das nicht, weil sie dümmer als wir sind oder Menschen zweiter Klasse, auch wenn wir sie dazu dekradieren. Sie tun es, weil sie arm sind und sich und ihre Familie ernähren müssen. Sie tun das aber auch immer noch, weil wir sie in diesem Zustand halten, weil es so für uns praktischer ist.
Wenn die Menschen in Taiwan, Pakistan oder Bangladesh sich weiterentwickeln und zur Industrienation werden, dann sind die Zwischenhändler nicht mehr bereit die Peise zu zahlen. Die Herstellung bestimmter Produkte wird in andere arme Länder verlegt. In Länder, in denen die Menschen so arm sind, dass sie zu den Bedingungen, die wir über den Preis diktieren, arbeiten. Ihre Gesundheit gefährden und auch sterben. Für unseren Konsum.
Problematisch wird diese Vorgehensweise dann, wenn beispielsweise die Kaffebohnenproduzierenden Länder sich weiter entwicken und wir allen faire Preise zahlen müssten. In diesem Fall hätten wir wenig bis gar keine Möglichkeiten auf andere Länder auszuweichen, weil Kaffee nur in bestimmten klimatischen Zonen wächst. Dasselbe gilt für Kakao.
Wir können aus diesem Kreislauf des Ausbeutens und permanenten Konsums nur dann ausbrechen, wenn wir anfangen unsere eigenen Ansprüche zu reduzieren. Wir können nicht ausschließlich der Wirtschaft die Schuld für die Produktionsbedingungen geben. Die Nachfrage reguliert das Angebot. Wenn niemand mehr die billigen Produkte, die in aller Herren Länder hergestellt wurden, kauft, werden sie auch nicht mehr hergestellt.
Es gibt Produkte wie Kaffee oder Kakao, die wir hier nicht anbauen können. Wir sind auf den Warenimport angewiesen. Es gibt bereits Händler, die den Bauern faire Preise zahlen. Das ist beispielsweise bei Kakao, Bananen oder Kaffee der Fall. Auf diesen Produkten befindet sich ein Fairtrade-Siegel. Und selbst bei diesen „fairen“ Preisen erhalten die Bauern noch sehr, sehr wenig Geld, auch wenn uns der Preis im Vergleich sehr hoch vorkommt.
Brauchen wir diese Dinge tatsächlich? Benötigen wir einen überfüllten Kleiderschrank, von dem wir 80 Prozent nicht nutzen? Ist es notwendig Obst und Gemüse zu essen, das um die ganze Welt gekarrt wurde oder Kaffee für ein paar Euro zu trinken? Alleine die Entfernung, die der Kaffee zurücklegt sollte uns beim Blick auf den Preis stutzig machen. Wir sollen nicht vollständig auf den Konsum dieser Produkte verzichten, sondern sie bewusst kaufen.
Wir können nicht vollständig aus dem Konsum aussteigen. Selbst wenn wir kein Geld mehr für Produkte ausgeben, so müssen wir dennoch essen und trinken. Damit konsumieren wir, auch wenn wir die Nahrungsmittel geschenkt bekommen oder sie uns vom Boden auflesen.
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