Klimawandel

Die Letzte Generation

Bild von Avtar Kamani auf Pixabay

Die Letzte Generation erhitzt die Gemüter der Nation. Doch wer steckt hinter dieser Vereinigung?

Wer ist die „Letzte Generation“?

Die Letzte Generation ist ein Bündnis deutscher und österreichischer Umweltaktivisten. Sie versuchen durch ihre Aktionen die Regierungen in Deutschland und in Österreich dazu zu bewegen, die Klimaziele in die Tat umzusetzen.

Der Name „Letzte Generation“ wurde übrigens nicht gewählt, weil die Mitglieder des Bündnisses glauben, dass sie die letzte Generation seien, sondern weil sie überzeugt davon sind, dass sie die letzte Generation sind, die noch etwas gegen den Klimawandel tun kann. Nach dem Überschreiten der Klimakipppunkte ist das nicht mehr möglich.

Was waren die ersten Aktionen?

Im Jahr 2021 gab es einen Hungerstreik der letzten Generation. Der Hungerstreik fand im Spreebogenpark in Berlin im Regierungsviertel statt. Er dauerte vom 30. August bis zum 25. September 2021.

Wie reagierten die damaligen Kanzlerkandidaten und Politiker auf den Hungerstreik? Robert Habeck besuchte gegen Ende der Protestaktion die zwei verbliebenen Streikenden und versuchte sie von der Nahrungsaufnahme zu überzeugen. Laschet und Baerbock lehnten wie Olaf Scholz Gespräche vor den Wahlen ab. Baerbock rief bei den Streikenden an, war jedoch zu keinem persönlichen Gespräch bereit. Scholz versprach ein Gespräch nach den Wahlen, was am 12. November in einer Zweigstelle der Friedrich-Ebert-Stiftung stattfand.

Der Hungerstreik war in zwei Phasen geteilt. In der ersten Phase forderten die Streikenden ein zweistündiges Gespräch mit den Kanzlerkandiaten. Als am 23. September das Ultimatum für die Gespräche verstrichen war, gingen zwei Teilnehmende in den trockenen Hungerstreik. Sechs Teilnehmende distanzierten sich von dem trockenen Hungerstreik und brachen ab.

Die Forderungen des Bündnisses Letzte Generation

Essen retten-Leben retten

Diese – zugegeben längst überfällige Forderung – bezieht sich auf die Lebensmittelverschwendung. In Deutschland gibt es noch immer kein Gesetz, dass das Wegwerfen von Lebensmitteln verbietet. Nach wie vor werden Menschen, die noch essbare Lebensmittel aus den Supermarktmülltonnen retten, vor Gericht zur Verantwortung gezogen. In Frankreich stellt sich das umgekehrt dar. Unternehmen, die Lebensmittel wegwerfen, also nicht spenden, günstig verkaufen oder anderweitig weitergeben, werden bestraft.

Energiewende

Die letzte Generation fordert eine Wende weg von der konventionellen Energiegewinnung hin zu erneuerbaren Energien. Zudem fordern sie ein Tempolimit auf 100 km/h und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket.

Gesellschaftsrat Klima

Die letzte Generation fordert einen Gesellschaftsrat Klima. Wohlwissend, dass es bereits seit 2021 einen Bürgerrat Klima gibt. Die Letzte Generation findet jedoch, dass dieser nicht bekannt genug ist und es auch keinerlei Garantie gibt, dass die erarbeiteten Empfehlungen ernst genommen werden.

Das besondere am Bürgerrat Klima ist, dass es sich hierbei zunächst um zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger handelt. Allerdings wurde dafür gesorgt, dass alle gesellschaftlichen Schichten vertreten sind. Zudem würden die durch den Bürgerrat erarbeiteten Vorschläge nicht ausreichen, um bis zum Jahr 2030 auf fossile Energien zu verzichten (Quelle).

Wie untermauert die Letzte Generation ihre Forderungen?

Wirklich jeder Mensch, der wissenschaftliche Studien oder Artikel über diese Studien lesen kann, wird zu einem ähnlichen Schluss kommen wie die Letzte Generation. Allerdings kommen die wenigsten Menschen zu dem Schluss, dass es eine kluge Entscheidung ist, sich mit Sekunden- oder Industriekleber an einer Straße festzukleben.

Die letzte Generation sieht diesen – wie sie es selbst nennt – friedlichen Protest als Akt des zivilen Ungehorsams, der für eine gesellschaftliche Wende sorgen soll.

Wie friedlich sind die Proteste?

Die Letzte Generation klebt sich auf vielbefahrenen Straßen und Autobahnen fest, blockiert Flughäfen und Häfen, beschädigt Kunstwerke und Gebäude. All das würden die meisten Menschen in diesem Land nicht mehr als friedlich bezeichnen. Wenn durch festgeklebte Personen auf einer Straße der Straßenverkehr behindert wird, begehen diese Personen mehrere Ordnungswidrigkeiten und Straftaten gleichzeitig.

Menschen, die durch die Letzte Generation am Weiterfahren gehindert werden, sind einer Nötigung ausgesetzt. Ich bin überzeugt davon, dass das nicht der richtige Weg ist, Menschen vom Klimaschutz zu überzeugen.

Sind die Proteste sinnvoll für den Klimaschutz?

Die derzeitigen Proteste führen zu keinerlei Veränderungen. Weder in den Köpfen der Politikerinnen und Politiker noch in denen der Bürgerinnen und Bürger. Eine Wende muss sanft erfolgen, mit dem Brecheisen wird nichts erreicht. Es sind eben nicht (nur) die Menschen in Politik und Wirtschaft, die überzeugt werden müssen.

Klimaschutz muss auf allen gesellschaftlichen Ebenen stattfinden und er muss so attraktiv sein, dass kleinere Unannehmlichkeiten in Kauf genommen werden. Die letzte Generation ist überzeugt davon, dass die Unannehmlichkeiten durch den Klimawandel so unangenehm sein werden, dass die Menschen freiwillig umdenken sollten.

Dabei stoßen sie immer wieder auf Ignoranz und Arroganz. Die einen sagen, dass der Klimawandel sie nicht interessiere, weil sie keine Kinder haben, die anderen behaupten, dass der Klimawandel nicht menschengemacht sei und wir daher keinerlei Einflussmöglichkeiten hätten.

Was will die Letzte Generation erreichen?

Die Letzte Generation fordert mit ihren teilweise strafrechtlich relevanten Aktionen eine Umsetzung der Klimaziele bis zum Jahr 2030. Sie fordern, dass die Regierung überhaupt erst einmal mit der Umsetzung anfängt. Auch wenn ich persönlich das anders sehe – die Regierung hat durchaus begonnen – stimme ich zu, dass wir keine 50 Jahre mehr Zeit haben. Es ist also tatsächlich dringend erforderlich mehr zu tun und das schneller.

Allerdings ist es hierfür nicht ausreichend, dass die Politik entscheidet und das Volk diese Entscheidungen mitträgt. Eine Wende von konventionellen Energien hin zu Erneuerbaren ist mit hohen Kosten verbunden, die durch das Volk getragen werden müssen. Solche Entscheidungen müssen sozial verträglich getroffen werden, also so, dass niemand benachteiligt wird und alle Schritt halten können.

Strafrechtliche Einordnung

Die Gerichte, insbesondere die Staatsanwaltschaften sehen die Protestaktionen etwas anders als die letzte Generation. So kam es am 24.05.2034 zu der Durchsuchung von insgesamt 15 Wohnungen und Geschäftsräumen. Ausgelöst wurde diese Aktion durch die Generalstaatsanwaltschaft und das Bayrische Landeskriminalamt. Insgesamt 170 Beamte durchsuchten Räumlichkeiten in Bayern, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Hessen (Quelle).

Der Grund dafür war das Sammeln von Spenden in Höhe von 1,4 Millionen Euro. Diese Spenden wurden unter anderem auch dafür verwendet, Bußgelder oder Strafen zu zahlen. Die Generalstaatsanwaltschaft betonte, dass die Durchsuchung nicht dazu führt, dass die Organisation derzeit als terroristisch oder kriminell eingestuft würde.

Bisherige Konsequenzen für die Aktivisten

In Berlin liegen der Staatsanwaltschaft bislang aufgrund der andauernden Protestaktionen 2000 Strafanzeigen vor, von denen 1790 auf das Konto der „Klimakleber“ gingen. Die restlichen Strafanzeigen gehen zu Lasten der Organisation „Extinction Rebellion“.

Die Staatsanwaltschaft fasste 680 Verfahren zusammen. Das geschieht immer dann, wenn mehrere Fälle eine Person betreffen. Bislang gibt es 86 Urteile, von denen 40 rechtskräftig sind. In der Regel wurden Geldstrafen verhängt, in einem Prozess erfolgte ein Freispruch.

Ende April 2023 kam es zur Verurteilung einer „Klimakleberin“ zu vier Monaten Haft ohne Bewährung. Es handelt sich hierbei allerdings um ein noch nicht rechtskräftiges Urteil, gegen welches durch den beauftragten Rechtsanwalt Rechtsmittel eingelegt wurden.

Derzeit sind 90 Verfahren offen, etwa 310 Fälle wurden aufgrund mangelnder Beweise eingestellt. Das ist jedoch noch längst nicht das Ende der Fahnenspange, bzw. nur die Spitze des abschmelzenden Eisbergs. Zwischen dem 16. April und dem 07. Mai sollen die Aktivisten 151 Straßenblockaden durchgeführt haben. Davon befanden sich acht von ihnen auf Autobahnen. In diesem Kontext sollen 780 Strafverfahren eingeleitet worden sein (Quelle).

Wie finanziert sich die Letzte Generation

Die Letzte Generation finanziert sich über Spenden. Dies tun sie über Crowdfunding-Sites und hauptsächlich über den „Climate Emergency Fund“

Der Fonds wurde 2019 gegründet und eigenen Angaben zufolge wurde dieser bereits durch 94 Organisationen unterstützt. Der Fonds soll zudem über eine Million Aktivisten mobilisiert haben.

Der „Climate Emergency Fund“ wurde durch Aileen Getty gegründet. Sie gehört zur Familie von J. Paul Getty. Getty verdiente seine Milliarden mit Erdöl. Ein weiteres Gründungsmitglied ist Adam McKay, ein Filmproduzent und Rory Kennedy, der Tochter des ehemaligen US-Senators Robert Kennedy (Nichte des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy).

Der „Climate Emergency Fund“ finanziert die Klimaaktivisten, indem sie ihnen eine Art Gehalt zahlt, wenn sie Voll- oder Teilzeit für den Klimaschutz tätig sind und er übernimmt die Geldstrafen, die durch die Aktionen entstehen.

Wie reagiert die Politik auf die letzte Generation?

Genervt. Ich glaube genervt trifft es im Kern. Natürlich ist die Klimakrise eine wirkliche, tatsächlich näher rückende Gefahr, die das Leben der Menschen aber auch die Wirtschaft bedroht. Aber da gibt es auch noch Wladimir. Wladimir führt einen Angriffskrieg direkt vor unserer Haustür durch. Nur um eines der Probleme zu benennen, mit der unsere Politiker sich rum schlagen. Ob sie das gut tun oder nicht, ist eine andere Sache.

Die Politik vertritt das ganze Volk und einem Teil des Volkes geht der Klimaschutz gänzlich am gluteus maximus vorbei. Diese Menschen kann auch nicht durch die Letzte Generation abgeholt werden. Alle anderen schon. Nur nicht so wie sie es bisher getan haben.

Unser Bundeskanzler, der zumindest für mich meistens unsichtbar ist, hat in der letzten Mai-Woche ein Statement zu den Aktionen der „Klimakleber“ abgegeben. Er nannte die Aktionen der Letzten Generation „völlig bekloppt“ (Quelle). Ich sag dazu nur: Och, Olaf, das wäre auch anders gegangen.

Der Grund, warum ich keine Politikerin geworden bin ist, weil mir persönlich vollkommen klar ist, dass ich solche Statements abgeben würde. Das ist weder diplomatisch noch hilfreich. Ich bin bis zur jetzigen Bundesregierung auch immer davon ausgegangen, dass Politiker jahrelang rhetorisch geschult werden. Vielleicht ist das auch so und die momentane Bundesregierung kann das besonders gut verbergen.

Plant die Letzte Generation einen Kurswechsel?

Also ich persönlich würde, wenn es Anzeigen und Strafverfahren hagelt, schauen, dass ich mein Vorgehen derart ändere, dass das nicht mehr passiert. Das würde aus meiner Sicht auch unterstreichen, dass es sich um friedliche Proteste handelt.

Die Homepage der „Klimakleber“ ist ein wenig diffus und hat eine längere Ladezeit als mein Blog (was schon lange ist und ein echtes Ärgernis). Sie haben sich den 13. September ausgewählt. Das soll der Tag der sozialen Wende sein. Treffpunkt ist in Berlin. Der 13. September ist ein Mittwoch. Sonst finde ich nichts zu diesem Datum. Wir können also gespannt sein.

Wird die letzte Generation irgendwann Erfolg haben?

Inhaltlich hoffe ich natürlich, dass den Forderungen ernsthaft nachgegangen wird. Manchmal sind auch kleine Kinder, wenn sie sich heulend vor der Quengelware auf den Boden werfen, erfolgreich. Aber nur weil ihre Eltern resignieren. Nicht weil sie ihrem Kind ein Überraschungsei kaufen möchten.

Auf der anderen Seite muss die Politik dafür sorgen, dass die Forderungen aufgearbeitet und umgesetzt werden. Einige davon könnten schnell und problemlos in die Tat umgesetzt werden. Es ist eben keine (radikale) Minderheit, die einen Wandel möchte. Es sind leider nur sehr wenige, die aktiv darauf aufmerksam machen. Aber selbst jetzt werden sie nicht ernst genommen.

Es ist jedoch nun mal so, dass es sich um sehr junge Menschen handelt. Im Gegensatz zu vielen anderen in unserer überalternden Gesellschaft müssen sie noch sehr viel Zeit auf diesem Planeten verbringen. Die Zukunft gehört den jungen Menschen. Schlimm genug, wenn einige von ihnen denken, dass es diese Zukunft nicht mehr gibt.

Wenn die Kipppunkte erreicht sind wird eine Kettenreaktion einsetzen und viele, sehr viele Menschen, die jetzt jung sind, müssen sich mit den Folgen beschäftigen. Wenn die Kipppunkte überschritten sind müssen die Menschen, denen die Flucht gelingt, auf den verbleibenden Kontinenten versorgt werden. Dazu gehören Nahrung, Wohnraum und Infrastruktur. Medizinische Versorgung und der Zugang zu Bildung.

Junge Menschen haben das Recht ihre Zukunft zu beeinflussen. Sie müssen in ihr leben. Die Kriege der Zukunft werden nicht mehr um Land, sondern um Ressourcen geführt. Wir werden die Folgen einer Klimakatastrophe aufgrund diverser Privilegien und unseres günstigen Standorts vermutlich überleben. Andere Menschen nicht. Was hindert uns daran das zu verhindern?

Offen bleibt lediglich die Frage, ob die zerstörerischen Aktionen wirklich weiterhelfen. Ich weiß es nicht und kann und werde Zerstörung und Nötigung nicht gut heißen, auch dann nicht, wenn der dahinter stehende Gedanke gut ist. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Als friedlich würde ich das Sähen von Blumen, das Aufstellen von Insektenhotels, das Pflanzen von Bäumen, die Eröffnung von Unverpacktläden oder Selbstversorgerhöfen ansehen. Natürlich wird so die Politik nicht erreicht aber das ist bisher auch noch nicht geschehen.

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