Quelle: eigenes Foto

Unser Alltag ist oft hektisch. Achtsamkeit geht dabei meist unter. Wir hetzen von Termin zu Termin, erledigen eine Aufgabe nach der nächsten und sind in Gedanken schon bei der übernächsten Aufgabe oder beim Einkauf nach Feierabend. Wir tun viele Dinge gleichzeitig und nennen das Multitasking.

Ein Alltag ohne Achtsamkeit

Wir tun viele Dinge automatisch, ohne darüber nachdenken zu müssen. Das beginnt beim Aufstehen. Unsere Morgenroutine ist ein Programm, das auch dann noch läuft, wenn unser Gehirn noch schläft. Wir duschen oder wir waschen uns, ziehen uns an und bereiten unabhängig davon, ob wir es gleich oder später essen, unser Frühstück zu.

Möglicherweise überspringst Du den Schritt mit dem Frühstück und suchst auf dem Weg zur Arbeit einen Bäcker auf. Meistens bist du dabei schon in Gedanken auf der Arbeit. An manchen Tagen fragst Du Dich, wie Du genau zur Arbeit gekommen bist.

Auf der Arbeit bist du schnell gefangen in einer Kombination aus eigenen Anforderungen und den Anforderungen deines Arbeitgebers. Du springst von Aufgabe zu Aufgabe, nimmst Telefonate an und beantwortest Mails.

Wenn Du Feierabend hast überlegst Du, was Du noch für das Abendessen benötigst. Du gehst im Kopf Deine Einkaufsliste durch, wiederholst sie, um nichts zu vergessen. Im Geschäft überlegst Du, ob Du die Kartoffeln aufstellen solltest, bevor Du mit den Hunden Gassi gehst oder mit den Kindern spielst.

Während Du Gassi gehst oder mit den Kindern spielst überlegst Du, was Du heute im Haushalt erledigen musst, um Morgen früh entspannt in den Tag starten zu können, während Deine Hunde und Kinder exakt im hier und jetzt sind, die geistige Abwesenheit aber dennoch bemerken.

Von Kindern und Tieren lernen

Kennst Du verträumte Kinder? Jeder kennt mindestens eins oder war selbst ein solches Kind. Die Erwachsenen mahnen die Kinder spätestens dann, wenn sie stolpern, weil sie eine Stufe übersehen. Erwachsene sind wie die verträumten Kinder. Wir sind in Gedanken ständig woanders. Wir haben lediglich dazu gelernt und schaffen es in der Regel stolperfrei zu laufen und vor uns hin zu träumen.

Auch Tiere träumen. Manchmal auch mit offenen Augen. Dabei tun sie jedoch nichts anderes. Wenn ein Hund frisst, dann frisst er. Bei dem Tempo, das die meisten Hunde an den Tag legen, wäre Multitasking beim Fressen eine lebensgefährliche Aufgabe. Wenn ein Hund Gassi geht, dann geht er Gassi. Wenn er etwas interessantes riecht, dann bleibt er stehen und schnuppert. Zum Leidwesen der Besitzer tut er dies mit der größtmöglichen Achtsamkeit und Ausdauer. Während Dein Hund schnuppert und schnuppert denkst Du an all die Dinge, die noch erledigt werden müssen.

Wann haben wir die Achtsamkeit verlernt?

Werden die Dinge durch das bloße darüber Nachdenken erledigt? Geht es Dir oder Deinem Hund besser, wenn Du ungeduldig an der Leine zerrst? Ich gehe davon aus, dass Du beide Fragen mit Nein beantwortest. Die Frage, die Du Dir unmittelbar im Anschluss solltest ist die nach dem Warum. Warum halten wir es nicht aus, in einer Situation, in der wir scheinbar nichts tun, zu verharren?

Weil wir auf Leistung getrimmt wurden. Wir haben nie gelernt Langeweile auszuhalten. Abgesehen davon wurden wir als Kinder von unsren Eltern daran erinnert, dass wir noch unser Zimmer aufräumen können, wenn wir scheinbar nichts taten. Das Zimmer aufräumen kann ersetzt werden durch Geschirr abtrocknen, den Müll raus bringen oder Hausaufgaben machen. Ein offensichtlicher Leerlauf wurde direkt unterbrochen und durch eine scheinbar sinnvolle Tätigkeit ersetzt.

Hast Du ein schlechtes Gewissen, wenn du „nichts“ tust? Dieses schlechte Gewissen ist anerzogen. Wir haben früh gelernt, dass nur faule Menschen nichts tun. Faulheit ist ein extrem negativ besetzter Begriff.

Alle Lebewesen sind von Natur aus faul

Ein Tier in freier Wildbahn wählt immer den Weg des geringsten Widerstands und des geringsten Kraftverbrauchs. Alles andere wäre ineffizient. Um Kraft für die Jagd nach Nahrung zu sammeln, ruhen Tiere sich aus. Ihr Leben besteht aus ausruhen und jagen. Weibliche Tiere tragen zudem Nachwuchs aus und ziehen diesen auf. Bei vielen Tierarten kümmern sich die männlichen Tiere in einem Rudel um die Nahrung.

Beim Menschen war das auch lange Zeit so. Die Frauen kümmerten sich um den Nestbau und den Nachwuchs, die Männer gingen jagen. Zumindest sorgten sie durch ihre Erwerbstätigkeit dafür, dass genügend Geld vorhanden war, um Nahrung zu kaufen.

Wenn Genügend Nahrung vorhanden ist, hören Tiere auf zu jagen. Wir Menschen streben nach mehr. Wir wollen mehr Geld, mehr Macht, mehr Ansehen. Unsere Jagd endet nie. Während wir eine Aufgabe erledigen, sind wir in Gedanken bereits bei der nächsten. Weil es immer höher, schneller und weiter sein muss.

Wann sind wir satt und zufrieden?

Wir sind aufgrund unserer Erziehung und unseres Umfelds prinzipiell nie zufrieden. Kaum ist eine Aufgabe erledigt, suchen wir uns die Nächste. Das ist im beruflichen und privaten Umfeld so. Menschen die das nicht tun, werden schnell als faul und nicht leistungsfähig bezeichnet. Zumindest werden sie argwöhnisch beäugt. Prinzipiell beäugen wir alle Menschen argwöhnisch, die nicht so leben wie der Mainstream.

Prinzipiell haben wir die gleichen Aufgaben wie Tiere: essen, schlafen, Nahrung organisieren und verdauen. Wir haben natürlich wie viele Tiere auch das Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit. Neben Nahrung müssen Menschen – seit Adam und Eva die Nacktheit entdeckt haben – auch noch für Kleidung sorgen. Hinzu kommen Kosten für Auto, Fernseher, Playstation, Smart-Home-Lösungen, Bausparverträge, Reisen, Hobbys, Sport und andere unverzichtbare Freizeitaktivitäten.

In all diese Dinge investieren wir nicht nur Geld, für das wir arbeiten müssen, sondern auch Zeit. Unser Alltag ist so vollgestopft, dass es uns faktisch unmöglich ist, unsere Achtsamkeit auf nur eine Sache zu lenken.

Wie schaffe ich es, mehr Achtsamkeit im Alltag zu integrieren?

Wenn Du das Bedürfnis hast, Deinen Alltag achtsamer zu gestalten, habe ich hier zehn Tipps für Dich:

Tipp 1: Regelmäßige Pausen einplanen

Lege regelmäßig Pausen ein. Pausen, in denen Du nichts tust oder aktive Pausen in denen Du beispielsweise spazieren gehst oder einen Tee genießt. Es gibt hier kein richtig oder falsch. Tu das, was Dir gut tut aber tu nur genau diese eine Sache und nicht mehr. Diese Pausen müssen nicht lange sein. Du kannst Dir beispielsweise eine zehnminütige Pause einplanen und Dir in dieser Zeit eine Gesichtsmaske gönnen.

Tipp 2: Weniger ist mehr

Entschlacke Deinen Alltag. Tu lieber weniger und das ohne Stress und Hektik. Packe Deinen Terminkalender nur so voll, dass Du bequem von einer Aktivität zur nächsten wechseln kannst. Beruflich lässt sich das natürlich nicht immer so einfach umsetzen. Im Privatleben kannst du jedoch für ausreichend freie Zeit sorgen. Wie Du deinen Alltag allgemein entschleunigen kannst, erfährst du hier.

Tipp 3: Medienauszeit

Nimm Dir eine Auszeit von Social Media, vom PC, dem Fernseher und Deinem Smartphone. Gönn Dir eine Zeit ohne Nachrichten, ohne permanente externe News und Bespaßung. Wenn Du ein iPhone hast, zeigt dieses Dir Deine Bildschirmzeit an. Du wirst erschrecken, wie viel Zeit Du am Handy verbringst. Du kannst die Zeit für ein Vollbad nutzen, um leckere Kekse zu backen oder um mit deinen Liebsten ein Gesellschaftsspiel zu spielen.

Tipp 4: Lauf Dich frei

Zieh Deine Schuhe an und geh raus in die Natur. Wenn es regnet, zieh eine Regenjacke an, der Regen bringt Dich nicht um. Nimm Kinder und Hunde mit und genieße die Natur, die Bäume, das Gras, die Sonne oder den Regen. Lass diese Eindrücke auf Dich wirken ohne gedanklich woanders zu sein. Wenn Du magst, kannst Du auch joggen gehen. Die körperliche Anstrengung wird zumindest am Anfang dafür sorgen, dass Du dich nur auf diese eine Tätigkeit konzentrieren kannst. Wenn du geübter bist, wird es Dir schwerer fallen, gedanklich nicht abzuschweifen.

Tipp 5: Grenzen setzen

Im Berufsleben aber auch privat wirst du ständig gefragt, ob Du nicht mal schnell was erledigen kannst. Hier ein Kuchen für den Basar, dort eine Zusatzaufgabe, die angeblich ganz schnell geht. Wenn Du deinen Tag oder deine Woche bereits strukturiert hast und sich keine Zeit mehr findet, dann lehne ab. Es wird Dir anfangs schwer fallen aber es ist notwendig, damit Du die Dinge, die Du erledigen musst, mit Achtsamkeit erledigen kannst und nicht mehrere Dinge gleichzeitig tun musst.

Tipp 6: Bewusst atmen

Wenn du merkst, dass deine Achtsamkeit nachlässt oder Du bereits in Gedanken ganz woanders bist, dann versuche so langsam wie möglich ein und wieder auszuatmen. Mache das so lange, bis Du wieder ganz im hier und jetzt bist und Deine Aufgaben wieder mit voller Achtsamkeit erledigen kannst.

Tipp 7: Essen genießen

Gehörst Du zu den Menschen, die gerne nebenbei essen? Erledigst Du beim Essen gerne andere Dinge, wie zum Beispiel Mails lesen? Lass Dein Handy liegen und widme Dich Deinem Essen. Essen ist eine wertvolle Ressource, von der nicht alle Menschen profitieren können. Davon abgesehen hast du vermutlich das Essen selbst gekocht oder zumindest selbst gekauft. Es verdient Deine Aufmerksamkeit. Beim Essen hast Du genügend sensorische Reize, um dich währenddessen nicht zu langweilen.

Tipp 8: Listen schreiben

Wenn Du ständig darüber nachdenkst, was Du noch alles tun musst, dann können Listen für Dich sehr hilfreich sein. Ich nutze dafür einfach die Notizfunktionen meiner Handys. Dienstliche Angelegenheiten schreibe ich in die Notizen meines Diensthandys, Private in mein Privathandy. Wenn mir abends um zwanzig Uhr einfällt, dass ich noch eine Mail beantworten muss, dann tippe ich das in die Notizen meines Diensthandys. Damit ist die Sache für mich erledigt und ich kann mich den Dingen widmen, die aktuell anstehen. Wenn mir, warum auch immer, auf der Arbeit einfällt, dass ich noch unbedingt Eier kaufen muss, dann tippe ich Eier in meine Einkaufsliste, arbeite weiter und arbeite die Einkaufsliste in der Pause oder nach Feierabend ab.

Tipp 9: Delegieren

Dieser Tipp ist natürlich nur für Menschen geeignet, die auf der Arbeit delegieren können und dürfen. Ansonsten kommt das Abschieben von Arbeit bei den Kollegen vermutlich nicht sonderlich gut an. Wenn Du gut mit deinen Arbeitskollegen zusammen arbeitest, dann besteht natürlich die Möglichkeit, dass Du Arbeiten abgibst, wenn Du sehr viel zu tun hast und die Kollegen relativ wenig.

Zuhause kannst Du auch nur dann delegieren, wenn mehrere Personen in deinem Haushalt wohnen und diese alt genug sind, Aufgaben eigenständig zu übernehmen. Delegiere auch dann Aufgaben, wenn Du Dir sicher bist, dass nur Du diese Aufgaben ordentlich erledigen kannst. Dein Partner oder Deine Partnerin und Deine Kinder werden es lernen oder sie erledigen es auf ihre Art und Weise.

Tipp 10: Perfekt unperfekt sein

Du hast Dir viel vorgenommen und den Ehrgeiz all das auch zu erledigen? Ich nehme mir regelmäßig für den Feierabend, für die Wochenenden mehr vor, als die freie Zeit hergibt. Dadurch schiebe ich immer quasi einen Berg Arbeit vor mir her. Ich bin dann unzufrieden, weil ich meine eigenen Ziele nicht erreiche. Dabei gibt es überhaupt niemanden, der diese Ziele überwacht oder mit der Stoppuhr hinter mir steht. Das bin nur ich selbst. Versuch Dich von diesen Gedanken zu lösen. Deine Wohnung muss nicht perfekt sein, Du musst nicht perfekt sein. Die Erde dreht sich auch weiter, wenn Du den Abwasch erst morgen früh erledigst.

Diese Tipps haben Dir nicht geholfen? Möglicherweise, weil sie aus meinem Lebensalltag stammen und nicht aus Deinem. Hier findest Du noch mehr Tipps für mehr Achtsamkeit im Alltag. Meine Lebenspraxis muss mit Deiner nicht übereinstimmen. Das ist auch nicht weiter schlimm. Suche Dir die Tipps raus, die für Dich praktikabel sind. Testes Dich durch.

admin

Share
Published by
admin

Recent Posts

Haben wir verlernt glücklich zu sein?

Bild von 5688709 auf Pixabay Wenn ich durch die Stadt gehe, sehe ich in der…

1 Jahr ago

Veganuary

Bild von Engin Akyurt auf Pixabay Bei dem Wort Veganuary handelt es sich um ein…

1 Jahr ago

Aufstände in Bangladesch

Bild von 19661338 auf Pixabay Unsere Kleidung ist bunt, jederzeit verfügbar und günstig. Den Preis…

1 Jahr ago

Gesund durch den Winter

Bild von Leopictures auf Pixabay Der Winter ist in vielen Belangen eine Herausforderung. Erkältungsviren machen…

2 Jahren ago

Verführt und manipuliert: Wie das Marketing uns dazu bringt, Dinge zu kaufen, die wir nicht brauchen!

Bild von Pexels auf Pixabay Du denkst, Du bist immun gegen Werbung und Marketing-Tricks? Bist…

2 Jahren ago

Plastikwelt

Bild von Wolfgang Stemme auf Pixabay Wir leben in einer Welt aus Plastik. Es ist…

2 Jahren ago