
Wenn ich durch die Stadt gehe, sehe ich in der Regel keine glücklichen Menschen. Die Menschen, die ich sehe sind gestresst, hetzen von Geschäft zu Geschäft und wirken genervt. Haben wir verlernt glücklich zu sein?
Was ist Glück überhaupt
Damit wir uns mit der Frage beschäftigen können, ob wir glücklich sind, müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, was Glück überhaupt bedeutet. Vermutlich für jeden etwas anderes, das Gefühl der Zufriedenheit und Vollkommenheit dürfte jedoch bei allen gleich sein, wenn sie glücklich sind. Also immer dann, wenn wir das Gefühl haben, das alles perfekt ist, gehen wir davon aus, dass wir glücklich sind. Dabei ist Glück aber auch von der Kultur abhängig. In der westlichen Welt machen wir Glück häufig von Geld und Konsum abhängig, doch das ist grundlegend falsch.
Macht uns mehr Geld glücklich?
Bis zu einem bestimmten Punkt machen uns höhere Einkünfte glücklich. Ab diesem Punkt kann kein Mehr an Zufriedenheit erreicht werden. Auch hier gibt es kulturelle Unterschiede. In Deutschland ist ein Mehr an Einnahmen bis zu dem Punkt befriedigend, bis wir alle elementaren Bedürfnisse problemlos decken können. Ab diesem Zeitpunkt ist alles, was wir uns leisten können Luxus und macht uns nicht zu zufriedeneren Menschen. Wir werden nicht glücklich, sondern wir gewöhnen uns schnell an den Umstand mehr Geld zu haben und sind unzufrieden, wenn wir nicht zeitnah wieder mehr erhalten.
Aber Shopping macht uns glücklich
Shopping macht uns für einen ganz kurzen Moment glücklich. Danach spüren wir oft in uns eine Leere. Ein wenig anders verhält es sich, wenn wir nach langem Zögern etwas kaufen, das wir benötigen. Dann setzt Erleichterung ein, das endlich erledigt zu haben. Kaufen wir hingegen unseren 20. Pullover, dann hält dieser uns nicht im Winter warm, sondern sorgt mit den anderen 19 Pullovern und den anderen überflüssigen Kleidungsstücken dafür, dass unser Kleiderschrank aus allen Nähten platzt und wir nichts mehr darin finden. Am Ende stresst uns ein Zuviel an Dingen mehr, als dass diese uns glücklich machen.
Aber warum kaufen wir dann diese Dinge?
Die Ursache ist durchaus die Suche nach Glück, nach dem kurzen Kick sich etwas zu gönnen, sich etwas Besonderes leisten zu können und der Wunsch nach Besitz. Ich bin sicher, dass es unzählig viele Menschen gibt, die überzeugt davon sind, dass ihre übervolle Wohnung sie glücklich macht. Dass sie unbedingt fünf verschiedene Winterjacken benötigen, um ihre Outfits kreieren zu können. Aber wenn wir ehrlich sind, macht uns das wirklich glücklich oder ist es nur eine Ersatzbefriedigung? Wann warst Du das letzte Mal wirklich glücklich?
Wann sind wir wirklich glücklich?
Ich weiß wann diese Momente bei mir waren und da war ich nicht in der Shopping-Mall, sondern mit meinem Hund in der Natur. Nicht einmal schlechtes Wetter oder plötzlich einsetzender Regen konnte dieses Gefühl vertreiben. Nur der Hund, ich und die Natur. Keine Sorgen, keine Gedanken was ich alles erledigen muss, einfach frei sein. Diese Momente erleben wir viel zu selten. Viel mehr hetzen wir von Termin zu Termin, geben unser hart verdientes Geld für vermeintlichen Luxus aus, der uns mehr belastet als Glück bringt. Doch was können wir tun, um wirklich glücklich zu sein?
Können wir Glück erlernen?
Ich bin überzeugt davon, dass wir in weiten Teilen selbst dafür verantwortlich sind, ob wir glücklich sind oder nicht. Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt und dennoch sind wir nicht glücklich und unzufrieden. Wir wissen die einfachen Dinge nicht mehr zu schätzen. Wann hat dich zuletzt eine einfache Mahlzeit glücklich gemacht? Warst Du vielleicht unzufrieden, weil die Mahlzeit einfach nur aus Brot oder Kartoffeln bestand? Du gehörst zu den glücklichen Menschen auf dieser Welt, die keinen Hunger leiden müssen. Etwa 735 Millionen Menschen haben dieses Glück nicht, sie sind unterernährt und müssen teilweise hungern (Quelle). Auch wenn die Zahlen der hungernden Menschen im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken sind, sind es 735 Millionen Menschen zu viel, die sich nicht ausreichend ernähren können.
Unsere Probleme sind Luxusprobleme
Wir haben unseren Wohlstand auf dem Elend anderer Leute aufgebaut. Das hindert mich regelmäßig daran, wirklich glücklich zu sein. Wir bekommen billige Produkte aus aller Herren Länder. Länder, in denen die Menschen für ein Minimum arbeiten müssen. Wir können häufig nicht einmal nachvollziehen, wo unsere Produkte herkommen. Häufig wird der Herstellungsprozess verschleiert, indem die Teile in China hergestellt werden und die Endmontage in Europa erfolgt. Es ist günstiger Produkte um die halbe Welt zu karren als sie in Europa herzustellen, weil wir durchgesetzt haben, fair bezahlt zu werden. Die Tatsache, dass Kinder bei der Suche nach seltenen Erden für unsere Elektroartikel ihr Leben in Gefahr bringen, können wir meisterhaft ausblenden. Unsere Kinder tragen Kleidung, die von Kindern genäht wurde.
Aber wie werden wir wieder glücklich?
Lerne die einfachen Dinge zu schätzen. Genieße ein einfaches Essen mit Deiner Familie, mach einen Ausflug in die Natur. Es wird dir an nichts fehlen. Erschaffe Dir ein Zuhause, in dem Du zur Ruhe kommst. Eine Ecke oder ein Raum nur für Dich. Ein Ort, an dem Du Du selbst sein kannst, zum Lesen, zum Nachdenken, zum Tagebuch schreiben. Überfrachte diesen Raum oder diese Ecke nicht mit Dingen, sondern gib Dir Raum, um Dich zu entfalten. Versuche diese Umgebung reizarm zu gestalten. Zieh dich aus der Hektik des Alltags zum Meditieren oder Reflektieren zurück. Wenn Du Probleme hast zu erkennen, was Dich in Deinem Leben glücklich macht, beginne ein Dankbarkeitstagebuch. Du brauchst dafür nur ein Heft und einen Stift. Schreib abends (oder morgens) auf, wofür Du dankbar bist. Du wirst merken, wie viele Momente im Leben das Potenzial haben, dich glücklich zu machen.
Sei Dir selbst gegenüber dankbar
Du hast viel erreicht in Deinem Leben. Du hast viele einzelne, stressige Tage bewältigt und gemeistert. Das ist ein wirklicher Grund, dich bei Dir selbst zu bedanken. Du hast vermutlich Deine Schule abgeschlossen, eine Ausbildung oder ein Studium absolviert und gehst jeden Tag arbeiten. Auch wenn Du nicht arbeiten gehst, musst Du jeden Tag viel leisten. Ein Haushalt erledigt sich nicht von allein. Du versorgst Dich selbst und Deine Familie. Das Zuhause, in dem Du lebst, hast Du erschaffen und erhalten. Wenn Dir Dein Zuhause nicht gefällt, dann verändere es. Du bist derjenige, der Dein Leben gestaltet. Du bist für Dein Glück verantwortlich. Häufig zögern wir zu lange, warten ab, sind in einer Alltagsschleife gefangen, haben nicht die nötige Kraft.
Gönn Dir Momente des Glücks
Du wirst in der Shopping-Mall nicht glücklich werden. Dort wirst Du auf andere gestresste Menschen treffen, die Dinge kaufen, die sie eigentlich gar nicht brauchen, um glücklich zu sein. Geh in die Natur. Alleine oder mit Freunden und Familie. Gönn Dir die Momente, die dafür sorgen, dass Du glücklich bist. Vielleicht macht es Dich auch glücklich ein Buch zu lesen oder ein warmes Bad zu nehmen. Wenn Du Dir nicht sicher bist, was Dich erfüllt, probiere Dich aus. Du kannst quasi nichts falsch machen. Wenn Dich eine Tätigkeit nicht glücklich macht, dann tausche sie aus und probiere eine Neue. Du kannst auch parallel mehrere Dinge tun, die Dich erfüllen, also beispielsweise wandern und meditieren (bitte nicht gleichzeitig).
Lerne wieder glücklich zu sein
Glück ist Arbeit. Möglicherweise hast Du bislang darauf geschaut, was andere besitzen, was andere können ohne zu beachten, was Du leistest und kannst. Du hast ein sicheres Zuhause, einen Rückzugsort. Du hast Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ein Viertel der Menschen, die auf dieser Erde leben haben das nicht. Etwa 4,3 Milliarden Menschen können keine sicheren Sanitäranlagen aufsuchen. Das ist insbesondere für menstruierende Frauen unsicher und gefährlich. Aber kannst Du Dir vorstellen, dass Du mindestens eine halbe Stunde gehen musst, um an Wasser zu kommen? Nein? Ich auch nicht. Es ist aber die Realität von etwa 844 Millionen Menschen. Wir sollten uns glücklich schätzen, wenn wir unseren Wasserhahn aufdrehen und sauberes, sicheres Wasser bekommen. Wir haben aktuell keinen Krieg in unserem Land und das wird hoffentlich auch nie wieder passieren. Wir leben in Sicherheit und im Wohlstand und sind trotzdem selten zufrieden.
Entzerre Deinen Alltag
Wir sind gestresst von unserem überfrachteten Alltag, von Terminen und Verpflichtungen. Häufig vergessen wir, warum wir das tun. Prüfe, ob das, was Du tust, wirklich notwendig ist. Falls es das nicht ist, lass es sein und gönn Dir freie Zeit. Nur für Dich. Du wirst nicht glücklich werden, während Du von Termin zu Termin hetzt. Entschlacke Deinen Alltag. Ich weiß, dass das leichter gesagt als getan ist und gewissen Verpflichtungen müssen wir nachkommen. Aber es gibt kein Alltag ohne Freiräume, Du musst sie Dir nur selbst schaffen. Sorge dafür, dass Du die kleinen Momente des Glücks erlebst und wahrnehmen kannst. Bleib bei Dir selbst und verschaffe Dir Zeit nur für Dich.